Ein paar Tropfen Fischsauce – und plötzlich schmeckt alles nach Südostasien. In Vietnam und Thailand ist sie das Herz jeder Küche: mal fein, mal kräftig, immer unverwechselbar.
Heute schauen wir uns an, wie unterschiedlich beide Länder dieses goldene Elixier verwenden – und was ihre Fischsaucen so besonders macht.

Inhaltsverzeichnis
Fischsauce – das flüssige Gold Asiens
Fermentation ist in asiatischen Küchen eine stille, aber magische Kunst – denk an Sojasauce, Kimchi, Miso, Gochujang, Tempeh oder Kombucha. All diese Köstlichkeiten entstehen durch denselben langsamen, zauberhaften Prozess.
Fischsauce ist die goldene Essenz aus Sardellen (oder anderen kleinen Fischen), die mit Salz fermentiert werden.

Auf Vietnamesisch nennen wir sie Nước Mắm – Nước bedeutet „Wasser“. Ähnliche Varianten gibt es in vielen Teilen Asiens, zum Beispiel das thailändische Nam Pla, das philippinische Patis oder das koreanische Aek Jeot.
Sie ist purer Umami – intensiv, salzig, aromatisch – ein Geschmack, der auf der Zunge bleibt und jedes Gericht zusammenhält. Während in Ostasien Sojasauce fast alles regiert, ist Fischsauce in Südostasien – besonders in Vietnam und Thailand – Herz und Seele des Alltagskochens.
Fischsauce: Vietnam vs. Thailand
1. Die Philosophie: „Würze“ vs. „Handwerkskunst“
In Vietnam ist Fischsauce (Nước Mắm) weit mehr als nur ein Würzmittel – sie ist ein Stück Handwerkskunst. Hinter jeder Flasche steckt eine eigene Kultur der traditionellen Herstellung.
Die Qualität wird am Độ Đạm (Proteingehalt) gemessen – ein echtes Stolzkriterium. Je höher die Zahl, desto besser (und teurer). Produzenten wetteifern um die beste Qualität, und Käufer schauen ganz genau hin, bevor sie sich entscheiden.

In Thailand dagegen gilt Fischsauce eher als praktische Grundwürze – unverzichtbar im Alltag, aber mit einem anderen Fokus.
Hier geht es um Konstanz, Geschmack und Preis, weniger um den Proteingehalt. Der steht meist gar nicht auf der Flasche, weil er für thailändische Konsumenten schlicht keine Rolle spielt.
2. Das Konzept der „Ersten Pressung“
In Vietnam nennt man die erste Pressung Nước Mắm Nhĩ – die reinste und hochwertigste Form der Fischsauce, gewonnen aus dem allerersten Fermentationsdurchlauf.
Sie ist reich an Protein und Umami, wird unvermischt abgefüllt und gilt – ähnlich wie extra natives Olivenöl – als echtes Premiumprodukt.

In Thailand gibt es ebenfalls eine erste Extraktion, doch die meisten Hersteller mischen verschiedene Chargen, um einen gleichmäßigen Geschmack zu erzielen. Ziel ist hier ein harmonischer, massentauglicher Geschmack, nicht die Reinheit einer einzelnen Pressung.
3. Der Blick ins Regal
Typische thailändische Fischsauce (z. B. Squid Brand, Megachef, Tiparos):
- Protein: ca. 15–18 g pro 100 ml
- Geschmack: kräftig, salzig und zuverlässig
- Verwendung: ideal für den Alltag – perfekt, um kräftige, würzige Thai-Aromen auszugleichen und Gerichten Tiefe zu geben.
Hochwertige vietnamesische Fischsauce (z. B. Red Boat, Thanh Hà, Phú Quốc 40°N):
- Protein: ab etwa 30°N bis 50°N – das entspricht rund 18–31 g Protein pro 100 ml
- Geschmack: weicher in der Salzigkeit, runder im Aroma, vollmundig dank des höheren Aminosäuregehalts
- Verwendung: perfekt für Dips wie Nước Chấm oder zum Abschmecken am Ende des Kochens – so bleibt der feine Umami-Geschmack erhalten.
Vergleicht man beide, zeigt sich: Vietnamesische Fischsauce enthält mehr Protein – und das sorgt für einen tiefgründigeren, komplexeren Geschmack.
Wie man Fischsauce in der vietnamesischen Küche verwendet
In Vietnam haben die meisten Mamas zwei Sorten Fischsauce in ihrer Küche: die kostbare Erstpressung (Nước Mắm Nhĩ) und eine leichtere Alltagsversion.
Die Erstpressung – meist zwischen 30°N und 50°N (etwa 18–31 g Protein pro 100 ml) – ist teurer und geschmacksintensiver. Sie wird für Dips (Nước Chấm) oder zum finalen Abschmecken verwendet, damit ihr tiefes Umami-Aroma richtig zur Geltung kommt.
Die leichtere Variante – um die 20°N (12.5 g protein pro 100ml) – ist günstiger und ideal für den täglichen Gebrauch: zum Marinieren von Fleisch, Würzen von Suppen oder für den schnellen Wok, wenn es einfach nur „nach Zuhause“ schmecken soll.
1. Dips (Nước Chấm) – das Herz des vietnamesischen Geschmacks
Beginnen wir mit dem Klassiker. Nước Chấm ist nicht einfach nur eine Sauce – sie ist das, was vietnamesisches Essen lebendig macht.
Süß, säuerlich, knoblauchig und leicht scharf – sie passt zu fast allem: von Reispapierrollen bis hin zu Nudelbowls.

Das Geheimnis liegt im Gleichgewicht: Fischsauce, Zucker, Limettensaft oder Essig, Knoblauch, Chili und Wasser – einfache Zutaten, die zusammen pure Harmonie ergeben.
💡 Tipp: Im Süden etwas süßer, im Norden salziger, und in Zentralvietnam am schärfsten.
Nuoc Cham ist unglaublich vielseitig:
Als Dip zu Banh Xeo (vietnamesische Pfannkuchen), Banh Cuon (gedämpfte Reisrollen), Chả Giò (frittierte Frühlingsrollen) oder Goi Cuon (Sommerrollen).
Als Dressing für Reisnudelschalen wie Bun Ga Nuong, Bun Bo Nam Bo, Bun Thit Nuong oder Bun Cha Gio – frisch, leicht und voller vietnamesischem Flair.
2. Kochen & Würzen – Tiefe im Alltag
Fischsauce ist das Rückgrat der vietnamesischen Alltagsküche. Schon ein kleiner Spritzer kann ein Gericht völlig verändern – er bringt Tiefe, Würze und Duft.
👉 In Pfannengerichten:
Gib sie direkt nach dem Anbraten der Aromaten (Knoblauch, Schalotten oder die weißen Teile der Frühlingszwiebel) hinzu. So nimmt das Öl das volle Aroma auf, bevor Fleisch oder Gemüse in die Pfanne kommen.
Beispiele: Ga Xao Sa Ot (scharfes Zitronengras-Huhn), Bò Lúc Lắc (Shaking Beef), Rau Muống Xào Tỏi (gebratener Wasserspinat mit Knoblauch).

👉 In Suppen & Eintöpfen:
Ein Löffel Fischsauce würzt von innen heraus und verleiht Brühen wie Canh Chua (süß-saure Fischsuppe), Bo Kho (vietnamesischer Rindereintopf) oder Ca Ri Ga (Hühnercurry) eine angenehme Umami-Note.
Würze nach und nach – vietnamesisches Kochen lebt vom feinen Gleichgewicht.

3. Grillen – wo Geschmack beginnt
In Marinaden wirkt Fischsauce doppelt: Sie würzt und macht das Fleisch zart, während sie beim Grillen eine wunderschöne goldene Farbe und Tiefe entwickelt.
👉 Klassiker: Suon Nuong Sa (Zitronengras-Schweinekoteletts), Ga Nuong Sa (Zitronengras-Huhn), Bun Cha, Cơm Tấm.
⏰ Mindestens 30 Minuten marinieren, am besten über Nacht – so zieht das Aroma richtig ein.

4. Der letzte Schliff – ein Tropfen mit Seele
Für viele vietnamesische Gerichte ist ein Spritzer Nước Mắm Nhĩ am Ende wie Salz – nur mit Seele.
👉 Ein paar Tropfen in gebratenem Reis, über Phở Bò, Phở Gà oder Bun Bo Hue – und schon bekommt das Gericht diese unverwechselbare, herzhafte Tiefe.

5. Regionale Nuancen – von Nord nach Süd
- Norden: heller, salziger, meist zum Würzen.
- Zentralvietnam: kräftig und scharf, oft in Kombination mit fermentierter Garnelenpaste (Mắm Ruốc).
- Süden: süßer, runder – typisch für karamellisierte Gerichte wie Cá Kho (geschmorte Fische) und süßliche Nước Chấm.
Wie man Fischsauce in der thailändischen Küche verwendet
Wenn vietnamesische Fischsauce für Harmonie und Ausgewogenheit steht, dann geht es bei der thailändischen um Wumms und Würze. Die Magie liegt nicht nur in der Menge – sondern im perfekten Moment, wann du sie hinzufügst.
1. Zum Würzen beim Kochen – die Geschmacksbasis
Fischsauce entfaltet ihr volles Aroma, wenn sie mitgekocht wird. Wärme mildert ihre Schärfe und vertieft den Geschmack.
👉 In Pfannengerichten:
Gib sie hinzu, sobald Knoblauch und Chili duften – so entsteht eine herzhafte Grundlage, bevor Fleisch oder Gemüse folgen.
Beispiele: Pad Kra Pao, Pad Thai, Pad See Ew.

👉 In Suppen & Currys:
Ein Spritzer in der köchelnden Brühe bringt alles zusammen – die perfekte Balance von salzig, würzig und aromatisch.
Unverzichtbar in Tom Yum, Tom Kha Gai oder Currys (rotes Curry, grünes Curry, gelbes Curry).
Tipp: Fang mit 1–2 EL pro Wokgericht an – nachwürzen kannst du immer.

2. In Marinaden – zart und aromatisch
Fischsauce ist ein Geheimtipp zum Marinieren: Sie macht Fleisch zarter und sorgt für tiefen, herzhaften Geschmack.
👉 Klassiker: Gai Yang (gegrilltes Huhn), Moo Ping (Schweinespieße)
⏰ Mindestens 30 Minuten marinieren – länger ist besser.

3. Als Dip-Sauce (Nam Jim) – die heimliche Hauptrolle
Hier steht Fischsauce im Rampenlicht: Sie ist das salzige Rückgrat, das Süße, Säure und Schärfe perfekt ausgleicht.
- Nam Jim Seafood: Fischsauce, Limettensaft, Zucker, Chili, Knoblauch, Koriander – purer Thai-Geschmack.
- Nam Jim Jaew: Aus Nordthailand – mit geröstetem Reispulver, Limettensaft, Kräutern; perfekt zu Gegrilltem oder Larb.
- Nam Jim Gai: Die süß-saure Chilisauce zu Frühlingsrollen oder Grillhuhn – mit einem Hauch Fischsauce für Tiefe.
💡 Pro Tipp: Erst Zucker in der Fischsauce auflösen, dann Limettensaft dazugeben – sonst löst sich der Zucker nicht richtig.

4. Als Tischwürze (Phrik Nam Pla) – der letzte Schliff
Kein thailändisches Essen ohne Phrik Nam Pla! Es ist Thailands Antwort auf Salz & Pfeffer – nur spannender.
Fischsauce mit gehackten Chilis (und manchmal etwas Limettensaft) – ein Spritzer davon auf Khao Pad (gebratener Reis), Kai Jeow (Omelett) oder Khao Man Gai (Hähnchenreis) und das Gericht erwacht zum Leben.
✨ Dieser letzte Tropfen bringt Würze, Schärfe und Frische – der perfekte Abschluss jedes Thai-Gerichts.

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